Thukydides als Historiker

2 years ago
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Die Gedenkrede des Winters 431 v.Chr. (Perikles):
„Die Verfassung, nach der wir leben, vergleicht sich mit keiner fremden, viel eher sind wir für sonst jemand ein Vorbild als andere zu imitieren. Und weil sie nicht auf wenige, sondern auf die Mehrheit baut, heißt sie Demokratie. Nach dem Gesetz haben alle bei privaten Auseinandersetzungen das gleiche Recht, in der Politik aber wird der eine dem anderen vorgezogen, durch das Ansehen, das jeder in einem Bereich genießt. Dieses hat aber weniger zu tun mit seiner Herkunft, sondern mit seiner Leistung; und ebenso wird keiner aus Armut, wenn er etwas für die Stadt leisten könnte, durch die Unscheinbarkeit seines Namens daran gehindert. Wenn wir auch privat rücksichtsvoll zusammenleben, handeln wir in der Politik doch, aus Respekt, nicht ungesetzlich, wir hören auf die Beamten und die Gesetze, vor allem auf die, die zum Nutzen der Benachteiligten erlassen sind. […] Anders als unsere Gegner […] verwehren wir keinem unsere Stadt, und durch keine Fremdenvertreibungen missgönnen wir jemandem eine Kenntnis oder Anblick, dessen unversteckte Schau einem Feind vielleicht nützen könnte […] Wir lieben das Schöne, ohne überheblich zu werden, und wir lieben die Kultur, ohne zu verweichlichen. […] Sich um seine privaten Dinge und um die Angelegenheiten der Stadt zu kümmern, ist bei uns dasselbe, und auch wenn man sich anderen Aufgaben zuwendet, behält man seine politische Urteilskraft. Als Einzige halten wir Leute, die an der Politik gar nicht teilnehmen, nicht für untätig, sondern für unnütz, und wir entscheiden entweder selbst oder durchdenken die Sachverhalte richtig. Wir glauben nicht, dass Worte den Taten schaden können, sondern dass es schädlich ist, sich nicht vorher vernünftig informiert zu haben, ehe man zur Tat schreitet.“

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