Der Biofeudalismus - Tom-Oliver Regenauer 30.10.2024 apolutNET

2 months ago
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Der Biofeudalismus - Tom-Oliver Regenauer 30.10.2024 apolutNET
Ein Standpunkt von Tom-Oliver Regenauer.

Unter dem Vorwand des Naturschutzes wird die Privatisierung von Regionen vorangetrieben, die bisher als „Gemeingüter“ galten.

„30 x 30“ — unter diesem Label vermarkten die Vereinten Nationen ihr Biodiversitätsziel. Danach sollen 30 Prozent des Planeten bis 2030 als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden. Bei genauerer Betrachtung der organisatorischen Hintergründe erhärtet sich allerdings rasch der Verdacht, dass es den Akteuren nicht um Naturschutz geht, sondern um die Privatisierung — beziehungsweise Enteignung — planetarer Gemeinschaftsgüter.

Wie in meinem Artikel „Der letzte Raubzug <1>“ beschrieben, schuf die „Protected Class“, die „systemrelevante“ Klasse, während der zurückliegenden Dekaden die legislativen Rahmenbedingungen, um Privathaushalte, Wirtschaft und Volksvermögen im Zuge des nächsten Finanzcrashs, der Implosion der „allumfassenden Marktblase“ zu enteignen. Ganz legal. Die Ausmaße dieser auf uns zustürmenden Disruption sind ob ihrer Umfänglichkeit kaum vorstellbar. Die schlechte Nachricht: Sollbruch-Clearinggesellschaften, Single Resolution Board und ein digitalisiertes Weltfinanzsystem markieren noch nicht das Ende der Fahnenstange. Denn die geschützte Klasse hat natürlich auch Vorkehrungen getroffen, um jener Werte habhaft zu werden, die eigentlich niemandem gehören, der „planetaren Gemeinschaftsgüter <2>“: Wälder, Seen, Flüsse, Ozeane und Atmosphäre.

Diese galten bislang als Güter, die allen und niemandem gehören und demnach von jedermann genutzt werden können. Planetare Gemeinschaftsgüter sind demzufolge von sogenannten öffentlichen Gütern abzugrenzen, die sich auf sozialstaatliche Strukturen beziehen. Zum Status quo öffentlicher Güter kommunizierte <3> die zuständige Kommission der Heinrich-Böll-Stiftung im Jahr 2015 (Seiten 27 bis 28):

„Die im Jahr 1800 von Napoleon in den französisch besetzten Teilen Deutschlands erlassene Munizipalverfassung (…) schuf auf politisch-institutioneller Ebene die Voraussetzungen für die Entwicklung einer kommunalen Daseinsvorsorge. Diese war von der Vorstellung geprägt, dass die öffentliche Hand für die Bereitstellung bestimmter Güter verantwortlich ist. (…) Erst als man Erfahrungen mit Marktversagen bei der Bereitstellung öffentlicher Güter machte, (…) begann man, diese neuen Märkte zu regulieren. Public-private-Partnerships, also Betreibermodelle, die auf langfristigen Verträgen zwischen der öffentlichen Hand und privaten Anbietern beruhen, fanden damals eine erste weite Verbreitung. (…)

Besonders weitgehende Vorstellungen von der Regulierung hat der Munizipalsozialismus entwickelt. Inspiriert von der englischen Fabian Society, prägte er die politische Debatte in Deutschland ab den 1890er-Jahren. Sein politisches Programm fokussierte sich auf die Versorgung der Bevölkerung mit einem umfassenden Angebot an Infrastrukturleistungen zu annehmbaren Preisen; sein langfristiges Ziel (…) war die Einführung des Sozialismus über den Weg der Gemeindepolitik. (…)

Eine mangelhafte Fähigkeit der öffentlichen Träger, sich zeitnah auf sich verändernde Bedürfnisse der Benutzerinnen und Benutzer einzustellen, sowie die Bürokratisierung ihres Apparates ließen ihre Akzeptanz in der Bevölkerung schwinden. Die Lösung dieser Probleme schien in der Privatisierung und Kommerzialisierung öffentlicher Güter zu liegen. Dass man in der Kooperation mit privaten Unternehmen im Rahmen von Public-private-Partnerships oder im Verkauf öffentlicher Einrichtungen an private Eigentümer zugleich einen Beitrag zur Bewältigung der strukturellen Krise der kommunalen Finanzen erblickte, erleichterte die Durchsetzung der neuen Organisationsmodelle.“

Diese „neuen Organisationsmodelle“ kennen wir bereits. Sie dominieren die Global Governance, nutzen politische Theoreme wie Konservatismus, Libertarismus oder Sozialismus als sozialarchitektonischen Hebel zur Einführung zentralistischer Kollektivismen. Diese wiederum tragen alle Merkmale des Feudalismus — der seinen Elfenbeinturm aber nur noch im Gewand des Heil versprechenden Weltenretters verlässt, um dem Pöbel ein paar gefällige Handbewegungen und Satzfragmente zuzuwerfen.

Und wie es sich für Feudalherren geziemt, geht es auch der postmodernen Variation dieses Herrschaftsmodells um nichts anderes als absolute Macht. Dementsprechend lösten die legislativen Vorbereitungen für die „große Enteignung“ bei mir weniger Überraschung aus als vielmehr einen gewissen Respekt für die Perfidität und Diskretion, mit der solch ein großer Wurf unbeachtet von der Öffentlichkeit vorbereitet werden konnte.

Nun könnte man in Anbetracht der Natur planetarer Gemeinschaftsgüter — Wälder, Seen, Flüsse, Ozeane und Atmosphäre — versucht sein anzunehmen, dass zumindest diese der Bevölkerung noch zur Verfügung stünden, sollte der nächste Crash sie ihr Hab und Gut kosten. Weit gefehlt. Denn gerade auf diesem Sektor ist die Parasitärkaste schon viel länger aktiv.

„Aufgrund seiner einzigartigen Natur und der entscheidenden Rolle, die es bei der Besiedlung durch Menschen spielt, kann Land nicht als gewöhnliches Gut behandelt werden, das von Einzelpersonen kontrolliert wird und dem Druck und der Ineffizienz des Marktes ausgesetzt ist. Privater Landbesitz ist auch ein wichtiges Instrument der Anhäufung und Konzentration von Reichtum und trägt daher zur sozialen Ungerechtigkeit bei. Wenn er nicht kontrolliert wird, kann er zu einem großen Hindernis bei der Planung und Umsetzung von Entwicklungsplänen werden“, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Rahmen ihrer Konferenz <4> zu Siedlungsfragen, die vom 31. Mai bis zum 11. Juni 1976 in Vancouver (Kanada) stattfand.

„UN-Treffen fordert Einschränkung des privaten Landbesitzes“, titelte <5> die New York Times diesbezüglich am 12. Juni 1976 und zitierte die vorangestellte Passage. ...

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