Eine Quelle kann auch irren | Von Jochen Mitschka

11 months ago
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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Es geht mal wieder um Hintergründe und Grundsätze, aufgehangen an aktuellen Themen. Wenn jemand zu geopolitischen Fragen eine Meinung äußert, ist die nicht immer zutreffend, egal wie oft er vorher den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Jeder Kommentator, und ich schließe mich nicht aus, machen auch Fehler, schätzen Situationen falsch ein, vertrauen falschen Quellen oder sind einfach übereifrig und machen deshalb Fehler. Das sagt nichts über die generelle Vertrauenswürdigkeit aus, sondern zeigt nur, dass niemand ohne Fehler sein kann. Ich will darüber berichten, nicht weil ich Unsicherheit verbreiten will, sondern das Gegenteil. Man sollte immer versuchen Informationen auch mit eigenen Augen zu sehen und „zweite Meinungen“ einholen. Heute will ich Beispiele bringen, in denen ich meine, dass von mir ansonsten geschätzte Analysten eben einmal falsch liegen. Weshalb ich sie aber nicht grundsätzlich als Quelle ablehne. Beginnen wir mit dem US-Amerikaner Andrew Korybko, der in Russland lebt, und die Welt stark durch die russische Brille sieht.
Äthiopien
Der Premierminister Äthiopiens, Abiy Ahmed hatte angekündigt, allerdings nur in seiner lokalen Sprache, dass er auch notfalls mit Gewalt, für sein Binnenland einen Zugang zum Meer erzwingen wolle. Dabei bevorzugte er wohl ein Gebiet in Eritrea, Asseb.
Andrew Korybko stellt nun den Plan für eine Pipeline vom Südsudan über Äthiopien bis Dschibuti als Meereszugang vor(1). Er erklärt, dass er damit den Druck von Eritrea nehmen wolle. Aber er erwähnt nicht, dass der äthiopische Ministerpräsident ganz andere Töne anschlägt. Und das, obwohl eine Gemeinschaft aus Eritrea darüber mit Videos und Übersetzungen informiert hatte. Wobei man allerdings wissen muss, dass solche Mitteilungen aus Eritrea meist sehr polemisch und erregt formuliert werden.
Korybko erklärt das aus einer russisch geopolitischen Sicht. Er schreibt, dass Ägypten und Äthiopien schon lange strategische Partnerschaften mit Russland pflegen, und sich gegenseitiges Vertrauen dadurch gebildet habe. Das eritreisch-russisch-äthiopische Dreieck sei viel heikler, da die russisch eritreischen Beziehungen erst seit kurzer Zeit einen Aufschwung erleben.
„Dies wäre kein Problem, wenn die eritreisch-äthiopischen Beziehungen auf dem positiven Weg bleiben würden, den Präsident Isaias Afwerki (PIA) und Premierminister Abiy Ahmed im Sommer 2018 gemeinsam eingeschlagen haben, aber das frühere Sicherheitsdilemma ist im vergangenen Jahr leider wieder aufgetreten. Wie in dieser Analyse erläutert, wurde das Abkommen zur Einstellung der Feindseligkeiten (Cessation of Hostilities Agreement, COHA) zwischen Premierminister Abiy und der TPLF von PIA wahrscheinlich als Verrat empfunden, nachdem er von diesem Abkommen mit dem bisherigen gemeinsamen Feind überrascht worden war.“(1)
D.h. er lässt indirekt den Eindruck entstehen, Äthiopien habe mehr oder weniger hinter dem Rücken des Nachbarn Frieden mit Rebellen in Eritrea geschlossen. Wodurch logischerweise wieder Misstrauen zwischen den Ländern aufgebaut würde. Korybko erklärt dann, dass Premierminister Abiy angeblich nur „friedliche“ Hafenpläne habe, Eritrea aber fälschlicherweise dahinter territoriale Ansprüche vermute. Während einige Äthiopier den Verdacht hegen, dass Eritrea insgeheim seine angebliche frühere Politik der Unterstützung nicht näher benannter bewaffneter regierungsfeindlicher Gruppen in ihrem Land wieder aufgenommen haben könnte. Das habe alte Wunden wieder aufgerissen...
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Bildquelle: mpaniti /shutterstock
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